Rezension: Sommerfinsternis


TITEL: Sommerfinsternis
AUTOR: Catherina Blaine
FORMAT: Kindle
PREIS: 3,99 Euro
SPRACHE: Deutsch
VERLAG: Im.press

VERÖFFENTLICHUNG: 03.09.2015

KAUFEN: Amazon


INHALT:
Plätschernde Brunnen, funkelnde Kronleuchter, rauschende Bälle und Schränke voller Designerkleider. Schon als das amerikanische Kleinstadtmädchen Lily völlig unerwartet ein Kunststipendium angeboten bekommt, kann sie es kaum glauben, aber die Räumlichkeiten der italienischen Accademia D'Aleardi verschlagen ihr geradezu den Atem. Schnell rutscht sie in die It-Clique der akademischen High Society hinein und wird nicht nur von einem, sondern gleich zwei verboten gutaussehenden Jungen hofiert. Doch dann spielt ihr jemand ein uraltes Tagebuch zu, das von der tragischen Geschichte der schönen Natascia erzählt, und plötzlich sieht sie die Gesellschaft um sich herum und sogar ihre eigene Familie in einem ganz anderen Licht… (Quelle: Amazon.de)



SCHREIBSTIL:

Zumindest eines hat die Autorin gut bewältigt: Sie hat ein Faible für detailreiche Umschreibungen, was ihr teilweise auch sehr gut gelingt. Schön fand ich, wie wortgewandt sie sich präsentiert. In ihren Beschreibungen spürt man ihre Vorliebe für Italien deutlich. Auch die Namenvielfalt und der interkurlturelle Charakter war angenehm zu lesen. Doch muss ich hier auch vieles kritisieren, was mir persönlich nicht gefallen hat. Zum einen besteht das Buch zu 70% aus inneren und äußeren Monologen - da zum einen die Geschichte aus der Sicht der Protagonistin geschildert wird und zum anderen die meisten Dialoge eher Monologen gleichen. Das wirkte auf Dauer doch sehr langweilig auf mich. 

Der für mich größte Kritikpunkt am Schreibstil war die übermäßige Verwendung von Adjektiven. Jede Situation, jede Person, jeder Ort, jeder Atemzug wurde mit so vielen Adjektiven gespikt, dass ich nach kurzer Zeit anfing, mit den Augen zu rollen. Beispiel-Adjektive: wunderschön, wunderbar, köstlich, tiefblau, perfekt, charmant, schön, charismatisch, umwerfend, fantastisch, blendend, grandios,... man könnte dies beliebig erweitern. Natürlich sind Adjektive nötig, um Dinge zu beschreiben - aber in jeder Textpassage, selbst nach 60% des Buches oder Personen jedesmal mit 3 bis 4 Adjektiven zu erwähnen. Ich habe mir den Spaß erlaubt und suchte mit meinem Kindle einige Adjektive, um die Gesamtanzahl derjenigen herauszufinden. Im Folgenden einige Beispiele...

köstlich - 16 Mal
charmant - 17 Mal
wunderschön - 25 Mal
wunderbar - 10 Mal
tiefblau - 10 Mal
schon/schön - 246 Mal
umwerfend - 21 Mal
perfekt - 44 Mal
fantastisch - 10 Mal
...

Einen letzten Kritikpunkt in dieser Kategorie möchte ich noch anbringen: die Dialoge. Wenn mal welche stattfanden, äußerten sie sich zumeist in Monologen. Dialoge, die zur Aufklärung von Hintergründen dienten, wurden geschrieben, als würde eine Geschichte erzählt werden. Ist ja alles gut und schön, aber wer spricht im Normalfall so? Niemand spricht, als würde er einen literarischen Text wiedergeben. Das wirkte mir persönlich zu unrealistisch.



MEINUNG: (Achtung! Spoiler möglich!)

Es kommt so gut wie nie vor, dass ich ein Buch nicht beende! Und ich habe wirklich versucht standhaft zu bleiben - wirklich! Aber nach über 60% musste ich es weglegen. Es wurde immer absurder und dafür ist mir meine wenige Freizeit wirklich zu schade.

Aber fangen wir mit den positiven Aspekten an. Das Cover fand ich sehr schön, was der eigentliche Grund war, wieso ich darauf aufmerksam geworden bin. Normalerweise mag ich Cover mit realen Personen drauf nicht so sehr wie grafische Designs, aber das Mädchen sah so ausdrucksstark aus, dass es mich gereizt hat. Auch das Label mit den Verschnörkelungen, die Schriftart und die verwendeten Farben harmonieren sehr gut.

Anerkennen muss ich, dass sich die Autorin wirklich viele Gedanken gemacht hat. Ihre Liebe zu Italien wird in jeder Seite spürbar und sie liefert detailreiche Beschreibungen zu einzelnen Orten, wodurch sich die Bilder vor dem geistigen Auge schnell aufbauen. Zudem ist es ein recht interkulturelles Buch, was im heutigen Anblick der Zeit für mich wichtig erscheint. Jeder Charakter entspringt einer anderen Kultur - auch wenn ich es schade finde, dass darauf nicht weiter eingegangen wird. Man hätte da vielleicht doch noch etwas mehr rausholen können.

Leider war es das auch fast mit positiven Gesichtspunkten. Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass die folgenden Kritikpunkte aus meiner persönlichen Sicht resultieren - wie wir wissen, sind Geschmäcker verschieden und ich respektiere jede andere Ansicht über diese Punkte.

Der größte Faktor, der mich hier stört ist die allgegenwärtige Perfektion. Alles ist einfach perfekt (wunderbar, wunderschön, schön, köstlich, umwerfend,.... sucht es euch aus). Alle sehen blendend (wunderbar, wunderschön, schön, perfekt, umwerfend.... ihr kennt das Spiel) aus, können alles, machen nie etwas falsch. Alle Orte sind wunderschön und perfekt. Es gibt keine Ecken und Kanten. Ich frage mich, wie soll sich ein Charakter entwickeln, wenn er gar nicht die Voraussetzungen dafür erhält? Wenn ich das Wort "perfekt" nochmal in den schriftlichen Mund nehme, springe ich von der nächsten Buchseite!

Der nächste für mich wohl nervigste Faktor: Lily! Ich habe selten solch einen unausgereiften Charakter erlebt. Sie ist fertig mit der Schule, im Grunde auf dem besten Wege erwachsen zu werden - aber ich hab nie einen solch naiven Menschen erlebt. Sie wirkt für mich wie eine verschüchterte 12-Jährige, obwohl die Autorin sie als sehr kontaktfreudig beschreibt. Einmal wird sie von Ash (einem männlichen Protagonisten) als temperamentvoll beschrieben - und ich fragte mich ehrlich, wann Lily jemals temperamentvoll war! Sie ist so widersprüchlich beschrieben, was sie in meinen Augen unauthentisch erscheinen lässt. Sie nimmt alles hin - wie kann ein Mensch alles so einfach akzeptieren und so ruhig bleiben. Wenn mir jemand eröffnet, dass es Vampire wirklich gibt, sitze ich nicht still da und höre mir minutenlang den Monolog des vermeintlichen Vampirs an, um anschließend aufzustehen und zu sagen "Ich muss mal alleine sein." - solche Stellen haben mich zur Weißglut getrieben und ich musste eine Lesepause einlegen, um mich zu beruhigen. 

Die Beziehungen untereinander sind so oberflächlich gehalten, was vermutlich auch daran liegt, dass entscheidende Dialoge für den Leser gar nicht erst stattfanden. Besonders zu Beginn, als Lily mit Raphael anbandelte, wurden die Dialoge zwischen ihnen übergangen, indem die Autorin einfach nur in etwa schrieb "Wir unterhielten uns eine Weile und genossen die Aussicht." - aber genau an dieser Stelle ist es doch wichtig zu wissen: Was erzählten sie sich? Wie redeten sie miteinander? Welche Gestik, welche Mimik - was sagte die Körpersprache? Das sind für mich wichtige Elemente, um eine Verbindung zu ihnen aufzubauen! Das empfand ich als wirklich frustrierend. 

Zumal sich auch der Bindungsaufbau zu anderen Charakteren unrealistisch gestaltete. Nehmen wir Lily und Allie, die sich nach gefühlten 2 Minuten-Unterhaltung gleich umarmten und nach wenigen Tagen als beste Freundinnen sahen. In meinem Kopf blinkte das "Warum?" rot auf und ich fragte mich, welche Werte hierbei eine Freundschaft ausmachen sollten.

Der Aufbau der Geschichte wirkte für mich so gewollt. Kennt ihr das, wenn ihr eine Hausarbeit oder Ähnliches schreiben müsst und euch eine genaue Struktur, einen genauen Plan zurechtlegt und diese strikt befolgt? Ihr handelt nach und nach jeden Punkt ab, achtet auf den Ausdruck und die Formalien, damit ihr keine Punkte abgezogen bekommt und seid am Ende froh, wenn ihr es zur Benotung abgegeben habt. Genauso fühlte ich mich zeitweilig beim Lesen dieses Buchs. Es war alles perfekt (da ist es wieder! Adieu schöne Welt!) aufeinander abgestimmt, aber eben gewollt. Mir fehlte das Eigenleben, was Bücher in meinen Augen entwickeln sollten.



FAZIT:

Die Geschichte an sich hat mit Sicherheit Potential, doch die Umsetzung schlug in meinen Augen völlig fehl, was ich sehr schade finde. Ich möchte drauf hinweisen, dass es sich um den Debütroman der Autorin handelt und ich ihr die Leser wünsche, die ihr helfen, ihren Schreibstil weiterzuentwickeln. Denn man weiß nie, wohin das Leben noch geht und welche Bücher uns noch erwarten können.



WERTUNG:





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