Rezension: Im freien Fall oder wie ich mich in eine Pappfigur verliebte



TITEL: Flat-Out Love (Original)
AUTOR: Jessica Park 
ÜBERSETZER: Bea Reiter 
FORMAT: Kindle
VERLAG: Loewe
PREIS: 13,99 Euro


VERÖFFENTLICHUNG: 21.07.2014

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INHALT:
Julie kann es nicht fassen: Statt die ersten Tage am College zu genießen, beaufsichtigt sie plötzlich eine 13-Jährige, die keinen Schritt ohne die lebensgroße Pappfigur ihres Bruders Finn unternimmt. Zugegeben, ihres sehr gut aussehenden Bruders Finn. Der befindet sich zwar gerade auf Weltreise, schreibt aber E-Mails, die Julies Knie butterweich werden lassen. Doch wieso zögert er seine Rückkehr immer weiter hinaus? Weshalb stört sich niemand an seinem platt gedrückten Doppelgänger? Und verliebt Julie sich tatsächlich gerade in eine Pappfigur?  



CHARAKTERE:

JULIE
Ein überaus charmantes Mädchen, dass sich auf ihre nun beginnende College-Zeit freut. Was sie an ihrer Highschool-Zeit nicht mochte? Sie konnte nicht sie selbst sein, aus Angst, dass man sie für einen Nerd halten würde. Sie liebt Bücher und statt auf wilde Partys zu gehen, kuschelt sie sich lieber mit einem Fachbuch auf die Couch. Sie ist selbstbewusst, sarkastisch, intelligent und sieht gut aus. Sie stammt aus einer eher labilen Familie - ihre Eltern sind geschieden und ihr Vater ist ständig in der Welt unterwegs.

FINN
Er ist der älteste Sohn der Familie Watkins, Draufgänger, Abenteurer, humanitärer Helfer. Er liebt die Herausforderung und lebt für den Moment. Er sieht verdammt gut aus, ist charmant, humorvoll und liebt das Leben. Er steht auf risikofreudige Unternehmungen, wie Tiefsee-Tauchen, Bungee-Jumping, Fallschirmspringen - man verbindet alles mit ihm, aber vor allem eines: Freiheit.

MATTHEW
Mit 21 Jahren der jüngste Sohn der Familie Watkins, IT-Freak und absoluter Nerd. Er ist übermäßig intelligent und studiert Mathe und Physik am MIT. Wenn er sich nicht in sein Studium wirft, kümmert er sich liebevoll um seine kleine Schwester Celeste. Da seine Eltern oft außer Haus sind, nimmt er für sie fast eine Vaterrolle ein, wodurch sein privates soziales Leben rapide abgenommen hat. Er verschanzt sich am liebsten in seinem Zimmer hinter seinem Laptop.

CELESTE
Die 13-jährige Tochter und damit jüngstes Kind der Familie Watkins. Ein bisschen verquer, verrückt, extrovertiert... sucht es euch aus. Sie ist verdammt niedlich mit blonden langen Haaren, hellen großen Augen - spricht wie eine Erwachsene, verwendet Fachbegriffe, die wahrscheinlich die wenigsten Erwachsenen selbst nutzen und ist manchmal dann doch wie ein kleines Kind, dem der Teddy geklaut wurde. Sie hat keine Freunde, außer den einen: ihren Papp-Finn.

PAPP-FINN
Eine lebensgroße Pappfigur - ein genaues Replikat von Finn (ok, die fehlende 3-Dimensionalität mal ausgenommen). Er ist sehr schlank, liebevoll anzusehen und gehört eher zur Sorte der stillen Zuhörer, was in meinen Augen heutzutage eine Seltenheit geworden ist. Zu Beginn wirkt er noch recht steif, aber umso mehr man ihn kennenlernt, desto lockerer wird er.



FORTSETZUNGEN:

Flat-Out Matt | Nur auf Englisch erhältlich. Enthält einige Kapitel aus der Sicht von Matt.
Flat-Out Celeste | Nur auf Englisch erhältlich. Das Erleben der ersten Liebe für Celeste.




MEINUNG: (Achtung - Spoiler möglich!)


Absolut Love, weil...

... Julie absolut sympathisch ist.
... Finn mehr ist, als es scheint.
... Matt mir nicht mehr aus dem Kopf geht.
... Celeste sich in mein Herz geschlichen hat.
... die Geschichte herzzerreissend und tiefgründig ist.
... die Geschichte an manchen Stellen aber auch verdammt witzig ist.
... es mir nach mehr als 12 Stunden nach Beendigung nicht gelingt, es aus dem Kopf zu bekommen.
... es sich anfühlte, als wäre ich mit Julie bei den Watkins eingezogen.
... es sich anfühlte, als hätte ich mich mit Julie in ihn verliebt.

Aufmerksam auf das Buch bin ich durch den Titel und die Cover-Gestaltung geworden. Es war mal etwas anderes. Schon allein der Titel versprach eine witzige Geschichte und es machte mich neugierig, was es damit auf sich hatte. 

Die Geschichte beginnt mit Julie, die frisch in Boston angekommen ist, um ihr aufregendes College-Leben zu beginnen. Doch scheint das in weite Ferne zu rücken, als sie vor einem Burrito-Restaurant steht, genau an der Stelle, wo ihr neues Appartement stehen sollte. Na toll. Ist sie also auf Betrüger reingefallen. Ein kurzes Telefonat mit ihrer Mutter führt dazu, dass ein Auto vor ihr hält und ein junger Mann mit der T-Shirt-Aufschrift "Nietzsche is my hero" sie einlädt, mit zu seiner Familie zu kommen. Der besagte junge Mann heißt Matthew, jünster Sohn der Familie Watkins und ein absoluter Nerd. Er bringt Julie zu sich nach Hause, wo sie herzlich von Erin Watkins in Empfang genommen wird - eine alte College-Freundin ihrer Mutter und Retterin in der Not. Julie erhält Kost und Logie, während sie sich in Ruhe eine neue Wohnung suchen kann. Doch gestaltet sich das schwieriger als gedacht und so geht sie mit Familie Watkins einen Deal ein: Sie kann weiterhin kostenlos im Haus der Familie wohnen, wenn sie sich im Gegenzug dazu die Nachmittage um Celeste kümmert. Julie liebt Celeste - wäre da nicht ihr ständiger Begleiter: Papp-Finn. Es beginnt eine turbulente Zeit für Julie, in der sie versucht hinter das Geheimnis von Papp-Finn zu kommen und per Internet Kontakt zum echten Finn sucht, während sie im Laufe der Zeit nur vage mitbekommt, dass sie sich immer verliebt...

Diese Geschichte zu lesen war grandios. Ich empfand sie als so innovativ und skurril. Ich meine, hallo... eine Pappfigur als eine der Protagonisten ist schon eine Seltenheit! Die Geschichte war so vielschichtig, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll. Es gibt zwar einen Hauptplot, aber irgendwie auch mehrere Nebenplots, die wiederrum aber auch in den Hauptplot reinfließen. Alles wunderbar miteinander verwoben. 

Okay, ich muss eines zugeben: Der Plot war vorauszusehen. Spätestens nach 20% kamen die ersten Gedanken, die sich mit der Zeit auch verstärkten. Aber: es war mir egal! Sonst beschwer ich mich ja immer, wenn Dinge so offensichtlich liegen. Aber es war mir wirklich egal. Die Geschichte war so einladend und herzzerreissend geschrieben, dass ich gar nicht anders konnte und wollte, als sie zu lesen. Hier kam es mir auf den Weg bis zum Ende an, nicht auf das Ende selbst. Die emotionale Belastung mancher Szenen war so erschütternd und befreiend, dass ich sie teilweise mehrmals gelesen habe. 

Die Charaktere waren so schön herausgearbeitet. Julie mit ihrer unverblühmten Art, mit ihrem Helfer-Syndrom und dabei sich selbst manchmal vergessend. Ihre Persönlichkeit ist nicht perfekt und das mochte ich. Matt hat mich völlig für sich vereinnahmt - seine nerdige Art, die so viel mehr versteckte, als es den Anschein machte. Das Ausmaß seiner Persönlichkeit wurde ja erst zum Schluss so richtig offen gelegt und das raubte mir stellenweise den Atem. Celeste, ja Celeste! Ihre Art und Weise, die Dinge so direkt zu benennen, dass Unsichtbare offensichtlich zu machen, ihre Ausdrucksweise, die absolut zu keiner 13-Jährigen gehört - ich liebte es. Es steckte so viel unbeabsichtigter Humor in ihren Worten, so trocken und gerade heraus. Ich freue mich schon auf die Fortsetzung mit ihr. Und Finn, der immer genau dann da war, als Julie ihn brauchte.

Besonders gut gefallen hat mir der Beziehungsaufbau in jeglicher Beziehung. Julie erarbeitete sich Stück für Stück das Vertrauen von Celeste und es war so schön mit anzusehen, wie sie in ihrer Gegenwart aufblühte. Die Beziehung zu Matt gestaltete sich als sehr abwechslungsreich. Die Entwicklung der Freundschaft war leicht nachzuverfolgen, kam Schritt für Schritt und alles darüber hinaus. Es war einfach gut für mein Herz, anders kann ich es nicht beschreiben. Selbst die Beziehung zu Finn - es hat sich richtig angefühlt. Jeder brauchte jeden. Die Gegensätzlichkeiten machten sie alle zu einer Einheit. 

Und das empfand ich fast mit als das Schönste: Julie verkörpert Eigenschaften, die Matt ebenso in sich trägt, sie aber verloren glaubte. Umgekehrt verkörpert Matt eine Persönlichkeit, die auch in Julie verborgen liegt. Beide ergänzen sich, wodurch ihre Freundschaft und Liebe noch verständlicher wurde. Sie brauchten und brauchen sich.

An dieser Stelle werde ich nun meinen schriftlichen Mund halten. Ich habe zwar vor Spoilern gewarnt, möchte aber doch nicht weiter auf die Geschichte eingehen. Auch wenn ich noch so vieles dazu schreiben könnte. Man muss sie selbst lesen. Als tut das!



WERTUNG: 5/5



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