Rezension: Allein in den Fluten.

 

A L L E I N  I N  D E N  F L U T E N
JESSICA PARK

Nach dem tragischen Verlust ihrer Eltern fällt es Blythe McGuire schwer, den Kopf über Wasser zu halten, während sie sich durch ihr letztes Jahr am Matthews College kämpft. Bis eine Zufallsbegegnung sie kopfüber in etwas hineinstürzt, das sie nicht erwartet hatte. Sie fühlt sich unwiderstehlich angezogen von ihrem dunkelhaarigen Mitstudenten Chris Shepherd, dessen Vergangenheit noch komplizierter als ihre eigene zu sein scheint. Je tiefer ihre Beziehung wird, umso mehr gelingt es Chris, Blythe aus ihrer Erstarrung zu lösen, in der sie sich seit jener schicksalsträchtigen Nacht befindet. Jener Nacht, in der ein Feuer die Hälfte ihrer Familie ausgelöscht hatte. Sie beginnt langsam und zögerlich, sich zu öffnen, ihre Wunden heilen zu lassen und sogar diesen Mann zu lieben. Den Mann, der ihr neue Pfade zur Lust und Selbstfindung zeigt. Aber während Blythe sich in ruhigere Gewässer bewegt, erkennt sie, dass Chris’ eigene traumatische Familiengeschichte ihm immer noch die Luft abschnürt. Als dunkle Strömungen ihn in die Tiefe zu ziehen drohen, könnte Blythe der einzige Mensch sein, der ihn vor dem Ertrinken retten kann.


Nachdem ich ein begeisterter Anhänger von "Im freien Fall..." geworden bin, hatte ich mich immer mal wieder umgeschaut, ob von Miss Park auch noch andere Bücher ins Deutsche übersetzt wurden. Dieses Jahr war es dann endlich soweit und so dauerte es nicht lang, bis ich "Allein in den Fluten" im Regal stehen hatte. Die Beschreibung klang auf jeden Fall nicht schlecht und ich wollte unbedingt wissen, ob es mit der Flat-Out-Reihe mithalten kann.

Den Titel des Buches fand ich sehr schön, ebenso wie das Cover. Es lässt nicht unbedingt auf den Inhalt schließen, erst wenn man das Buch gelesen hat, kann man den Bezug zum Wasser herstellen. Aber das Wort "Flut" ließ mich bereits vorher an einen Kampf denken, und da lag ich auch gar nicht so falsch.

Der Einstieg in die Geschichte gelang relativ einfach. Man erhält sofort Einblick in die zurückhaltende Blythe, eine College-Studentin, die sich zumeist hinter sich selbst und ihren Problemen verkriecht. Sie scheut das öffentliche College-Leben und hegt kaum Kontakte. Am wenigstens kann sie sich selbst leiden. Eines Tages beschließt sie, aus ihrem schwarzen Loch auszubrechen, weil sie sich selbst nicht mehr erträgt und so geht sie in einen Coffee-Shop, wo sie auf den chaotisch-verrückten Sabin trifft. Doch bei dieser Begegnung bleibt es nicht allein. Einer inneren Eingebung folgend, spaziert sie zu einem See, wo sie den geheimnisvollen Chris trifft, der sich scheinbar sofort in ihr Herz geschlichen hat. Denn sie konnte ihm sofort Vertrauen entgegenbringen, erzählt ihm bereits bei der ersten Begegnung mehr, als sonst einem anderen Menschen.

Und das war der erste Punkt, der mich gestört hat. Seien wir mal ehrlich, wer geht an den Strand, trifft dort einen einsamen Jungen, dem man sofort sein Leben anvertraut. Wenn das so einfach ginge, würde ich in den Norden ziehen und lange Strandspaziergänge machen! Haha. Scherz beiseite. Das Kennenlernen beider Hauptprotagonisten hat mir also nicht so zugesagt. Es war mir einfach too much. Das einzige, was den Einstieg in die Geschichte gerettet hat, war die witzige Szene zwischen Blythe und Sabin. Wenn er nicht wäre, ich hätte das Buch erstmal wieder zur Seite gelegt. Aber zurück zur Story: Blythe lernt also Chris kennen und es stellt sich bald heraus, dass nicht nur sie, sondern auch er mit einer belastenden Vergangenheit zu kämpfen hat. Ja gut, das ist nun auch nicht unbedingt völlig neues Gedankengut... solche Storys werden täglich aus dem Boden gestampft. Im Nachhinein gesehen war die Geschichte vorhersehbar, aber es gefiel mir dennoch, wie sich die Stricke spannten und alles einen Zusammenhang erhielt.

Doch verstehe ich den Prozess der Verarbeitung nicht ganz. Blythe hat sich im Vergleich zu Chris enorm schnell geöffnet und gefühlt nach einer Stunde alles verarbeitet. Chris hingegen... Gott, wie lange hat man gebraucht, um alles "aus ihm rauszuquetschen". Versteht mich nicht falsch. Ich fand es gut, dass sein Prozess so lang andauerte. Aber Blythe im Vergleich dazu ging mir fast auf die Nerven. Am schlimmsten fand ich die Szene unter der Dusche... aber mehr verrate ich dazu nicht.

Die verschiedenen Charaktere waren eigentlich das Beste am Buch - und da rede ich ausnahmsweise mal nicht von den Hauptcharakteren Blythe und Chris, denn die verschwimmen fast vor den anderen Charakteren. Die Geschwister von Chris sind absolut liebenswert chaotisch, Menschen, die man um sich haben möchte. Jeder einzelne von ihnen hat ganz eigene Macken, Ecken und Kanten. Im Vergleich dazu haben Blythe und Chris gar nichts. Sie kommen mir so aalglatt und grau vor, während die Nebencharaktere in den schönsten Farben schillern. Man muss dem was gutes abgewinnen: Welches Buch kann schon von sich behaupten, dass die Nebencharaktere interessanter waren als die Hauptprotas? :D

Kommen wir zur Liebesgeschichte, um die es hier ja schließlich auch geht. An für sich gab es schöne emotionale Momente. Ja, nun denkt ihr sicher "Na, wo bleibt das aber?" - ABER wieso musste das Buch manchmal so in den Pornobereich abwandern? Ich hatte zwischenzeitlich das Gefühl, zwei verschiedene Bücher zu lesen, denn irgendwann las man seitenlang nur noch darüber, wie Blythe und Chris sich gegenseitig auffraßen, mehrere Tage lang. Ich habe absolut nichts gegen erotische Literatur! Ich lese sowas gern! Aber in diesem Buch fühlte es sich fehl am Platz an. Zumindest in diesem Ausmaß. Miss Park hätte das durchaus geschickter verpacken können, da bin ich mir sicher.

Wenn ich mir die Rezension bis hierher durchlese kommt mir mein Urteil ganz schön negativ vor. Aber es war nicht nur negativ! Das muss ich vielleicht doch mal in den Vordergrund stellen. Es gab wirklich schöne Ideen, wie z. B. die Sache mit dem Marathon, der sich wie ein roter Faden durchs ganze Buch geschlängelt hat. Auch die Sprache war sehr flüssig, leicht zu lesen und an vielen Stellen sehr emotional und humorvoll! Miss Park beleuchtet ganz zentrale Themen des Erwachsenwerdens: Loyalität, Familie, Freundschaft, Liebe, Vertrauen, Anziehung,... und verbindet sie zu einer großen Geschichte, in den zwei Seelen ein Schicksal miteinander teilen. Die Hintergrundgeschichte fand ich sehr schön ausgearbeitet, auch wenn sie vorhersehbar war. Gelesen habe ich es gern, auch wenn die Geschehnisse teils wirklich erschreckend waren. 

Das Buch hat mich nicht 100%ig überzeugt, aber ich mochte doch so einiges, weshalb ich auch "nur" 2 Punkte abziehe. Ich könnte mir durchaus vorstellen, es irgendwann noch einmal zu lesen. Aber vorerst bleibt es im Regal und geschlossen.

WERTUNG
3 von 5 Punkten


 
Allein in den Fluten | Jessica Park | 16.02.2016 | 9,99 €


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